Muskelwachstum verstehen: Die drei Wege zum größeren Muskel – Einblicke mit Prof. Dr. Jens Ebing
Wie funktioniert Muskelwachstum wirklich? Diese Frage stellen sich nicht nur Sportwissenschaftler, sondern auch ambitionierte Athlet:innen, Trainer:innen und alle, die im Gym hart für ihre Fortschritte arbeiten. In der aktuellen Episode des Fritz:cast haben wir mit Prof. Dr. Jens Ebing gesprochen – einem ausgewiesenen Experten für molekularbiologische Prozesse des Muskelwachstums.
Was du in diesem Beitrag erfährst:
Welche drei Hauptwege es für Muskelwachstum gibt
Warum Muskelwachstum mehr ist als nur Hypertrophie
Wie Training, Ernährung und Regeneration optimal zusammenspielen
Muskelwachstum ist mehr als nur „größer werden“
Oft wird Muskelwachstum mit Hypertrophie gleichgesetzt – also dem Dickenwachstum der Muskelfasern. Prof. Dr. Jens Ebing erklärt jedoch: Muskelwachstum ist ein komplexer biologischer Prozess, der auf mehreren Ebenen gleichzeitig abläuft. Es gibt nicht den einen Weg, sondern mindestens drei relevante Mechanismen:
1. Mechanische Spannung: Die Basis jeder Hypertrophie
Mechanische Spannung ist der klassische Reiz im Krafttraining. Durch gezielte Belastung (z. B. schweres Heben oder kontrolliertes exzentrisches Training) wird ein Signalweg in der Zelle aktiviert, der zur Proteinsynthese führt. Besonders wichtig: Titin, ein strukturgebendes Protein im Muskel, scheint eine Schlüsselrolle in der Signalweiterleitung zu spielen – ein Aspekt, der in den letzten Jahren verstärkt erforscht wurde.
👉 Praxis-Tipp: Arbeite mit hoher Muskelspannung über die gesamte Bewegungsamplitude. Isometrische Haltephasen und langsame exzentrische Wiederholungen verstärken diesen Reiz.
2. Metaboler Stress: Muskelwachstum durch „Brennen“
Metaboler Stress entsteht durch Anhäufung von Stoffwechselendprodukten (z. B. Laktat) während intensiver Belastung mit vielen Wiederholungen. Das „Brennen“ im Muskel ist nicht nur unangenehm – es ist ein Wachstumsreiz. Vor allem Okklusionstraining (Blood Flow Restriction Training) nutzt diesen Mechanismus gezielt.
👉 Praxis-Tipp: Nutze hohe Wiederholungszahlen, kurze Pausen oder gezieltes Okklusionstraining, um diesen Reiz zu setzen – insbesondere in der Reha oder bei reduzierter Belastbarkeit.
3. Muskelschädigung & strukturelle Anpassung
Ein Reiz, der vor allem durch neue oder sehr intensive Trainingsformen entsteht. Dabei kommt es zu Mikrotraumen in der Muskulatur, die eine Reparatur- und Anpassungsreaktion auslösen. Wichtig: Zu viel Zerstörung kann kontraproduktiv sein. Prof. Ebing betont, dass Muskelwachstum keine ständige Zerstörung braucht – im Gegenteil: „Die Dosis macht das Gift.“
👉 Praxis-Tipp: Setze gezielt neue Reize (z. B. durch ungewohnte Bewegungsmuster oder exzentrische Überlastung), aber plane ausreichend Regeneration ein.
Das Zusammenspiel von Struktur, Signal und Stoffwechsel
Im Gespräch wird klar: Muskelwachstum basiert auf einem fein abgestimmten Zusammenspiel aus mechanischen, biochemischen und genetischen Prozessen. Entscheidend ist nicht nur, wie viel man trainiert, sondern wie gezielt man die richtigen Signale setzt – und dem Körper die Möglichkeit gibt, sie auch zu verarbeiten.
Dazu gehört:
Die Verfügbarkeit von Nährstoffen (z. B. Kreatin, Kohlenhydrate)
Die hormonelle Umgebung (z. B. Cortisolmanagement)
Eine sinnvolle Trainingsstruktur mit Phasen unterschiedlicher Intensität
Fazit: Muskelwachstum ist steuerbar – wenn man die Mechanismen kennt
Muskelwachstum ist kein Zufallsprodukt, sondern ein adaptiver Prozess, der gezielt beeinflusst werden kann – vorausgesetzt, man versteht die biologischen Grundlagen. Die Kombination aus mechanischer Spannung, metabolischem Stress und intelligenter Belastungssteuerung ist der Schlüssel zum Erfolg – sei es im Bodybuilding, Leistungssport oder in der Rehabilitation.
🎙 Jetzt reinhören: Die komplette Episode mit Prof. Dr. Jens Ebing findest du hier: